Doom im Test

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 17. Mai 2016

Doom im Test

Höllisch guter Ballerspaß

Ich muss sagen: ich war überrascht, als das neue Doom angekündigt wurde. Ist die Serie überhaupt noch relevant heutzutage? Und dann kam der Gameplay-Trailer und machte sofort klar, worum es in diesem neuen Teil geht: Übertrieben brutales Dämonenschlachten fernab sämtlichen Realitätsanspruches. Aus Überraschung wurde Vorfreude, denn was man zu sehen bekam, sah nach einer Menge Spaß aus. Jetzt ist das Portal zur Hölle offen. Zeit, mal dort vorbeizuschauen.

Doom verschwendet keine Zeit, um zum Punkt zu kommen. Kaum startet man das Spiel, wacht man in einer Sarg auf, umgeben von Dämonen. Der Protagonist reißt sich aus Ketten los, zerschmettert den Schädel des ersten Dämons, greift zur Pistole, die neben ihm liegt, und ab dem Moment darf der Spieler selbst losballern. Lang ist's her, dass ein neues Spiel einen binnen so kurzer Zeit schießen lässt. Im nächsten Raum findet man sogleich die Rüstung des Doom-Marines und damit wird das HUD aktiviert. Unser erstes Ziel? Die Quelle der Hölleninvasion lokalisieren. Das liegt dem UAC-Chef Samuel Hayden auch sehr nahe und drängt den Doom-Marine fast schon dazu. Dem Marine scheint's dagegen relativ egal zu sein, hauptsache er kann Dämonen abschlachten.

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Das ist auch so das Thema, was sich durch den Singleplayer zieht. Die Missionsziele sind alle relativ banal - geh dahin, schalte das aus oder ein, öffnet die Tür. Alles nur Vorwände, um durch die Level zum nächsten Gegnerhaufen gescheucht zu werden. Den Doom-Marine stört das nicht, er will ja nur Gewalt ausüben. Und wer beschwert sich schon, wenn er Dämonen verstümmeln kann? Seine Haltung kommt dabei sehr gut rüber, auch wenn er keinen einzigen Satz sagt. Als Hayden von ihm möchte, dass er einfach nur eine Maschine aus dem Stecker ziehen soll, wählt der Doom-Marine den effektivsten Weg und haut das Gerät zu Klump, sehr zum Missfallen von Hayden. Die Story wird sowieso nur nebenbei erzählt, vieles in Gesprächen, denen man nicht zwingend zuhören muss. Hintergründe werden in Logbüchern versteckt, wenn ihr die Lesen wollt, bitteschön.

Schnell und glorreich
Im Vordergrund steht das Töten, daran besteht kein Zweifel. Doom findet hier eine äußerst effektive Methode, um einen konstant in der Action zu halten, wenn die Horden angreifen. Die Lebensenergie regeneriert nicht, stattdessen muss man Pickups einsammeln oder Gegner töten, um sich zu heilen. Dabei hilft die Glory-Kill-Mechanik. Nimmt ein Feind genügend Schaden, fängt er an zu taumeln und leuchtet blau. Kommt man nah genug ran, wird das Leuchten orange und man kann den Feind mit einem Nahkampf-Angriff brutal hinrichten, wodurch man mit Lebensenergie belohnt wird.

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Und das System ist durchdacht. Welche Animation man zu sehen bekommt, hängt davon ab, von welcher Seite aus man angreift und welches Körperteil man anvisiert. Zielt man auf den linken Arm eines Kanonenfutterdämonen, so reißt man ihm den Arm aus und schlägt ihm damit ins Gesicht. Greift man einen Imp von hinten an, reißt man ihm den Unterkiefer raus. Alles so übertrieben, dass man sich das unreife Grinsen nicht verkneifen kann. Mein Liebling: Bein um 90 Grad verrenken und dann den Fuß nehmen, um dem Dämon ins eigene Gesicht zu treten. Autsch.

Das Waffenarsenal beinhaltet alles, was man zum Metzeln braucht. Schrotflinten, Raketenwerfer, Plasmagewehre und mehr sind dabei und man muss sich nicht für eine entscheiden - der Doom-Marine nimmt sie alle mit. Eine Sonderstellung unter den Waffen halten die Kettensäge und die BFG-9000 ein. Beide sind als Notfallausrüstung anzusehen. Mit der Kettensäge kann man jeden Dämon sofort töten und dabei lassen die besonders viel Lebensenergie und Munition fallen. Abhängig von der Größe des Dämons verbraucht man aber Benzin. Ist der Sprit alle, dann war's das mit dem Holzfällerleben, bis man neuen findet. Ähnlich gehts mit der BFG. Damit tötet man so ziemlich jeden Dämon im Sichtbereich, die Munition ist aber stark begrenzt und relativ selten. Überlegt euch gut, wann ihr sie einsetzen wollt, aber ganz sparsam müsst ihr nicht zwingend damit umgehen.

Das Gameplay lässt einem erstaunlich viele Freiheiten. Ihr könnt euch effizient durchballern, bis das nächste Level kommt, oder aber ihr nehmt euch die Zeit und erkundet die Gebiete etwas genauer. Das Leveldesign ist keineswegs linear. Es gibt zwar einen ungefähren Pfad, den ihr nehmen müsst, um zum Ausgang zu kommen, doch führt dieser durch keinen Schlauch, sondern kreuz und quer durch das Level, sodass man immer wieder an alten Teilen vorbei kommt. Wer sich genau umschaut, der findet außerdem überall kleine Secrets und, ganz wichtig, Upgrades.

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Im Laufe des Spiels kann man die Waffen und die Rüstung aufwerten, um noch gefährlicher zu werden. Ihr habt in einem Level was verpasst? Kein Problem, ihr könnt jedes Level noch mal spielen, alle Upgrades bleiben dabei erhalten. Besonders schön: In jedem Level findet sich ein Hebel. Wenn man diesen betätigt, öffnet sich eine Tür, hinter der sich ein Teil eines klassischen Doom-Levels verbirgt, komplett mit Pixelgrafik. Findet man diese, kann man sie dann im Hauptmenü in voller Gänze spielen. Grafik aus den 90ern, Gegner und Doom-Marine aus 2016. Genial.

Klassischer Multiplayer
Ein Multiplayer ist auch dabei und wie der aussieht, durfte man schon in der Open Beta antesten. Man hat zwei Waffen im Loadout, dazu eine Granate und damit muss man auskommen, bis man den Löffel abgibt. So wird garantiert, dass man nach dem Spawnen nicht gleich Kanonenfutter ist. Ist aber etwas schade, da man sich pro Leben auf einen Spielstil beschränken muss. Macht aber dennoch Spaß, da das Tempo hoch ist und die Waffen ausgefallen sind. Ihr Balancing unterscheidet sich aber deutlich vom Singleplayer und einige der Waffen findet man nur im Multiplayer, wie das Vortex-Rifle - ein Scharfschützengewehr.

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Die Modi sind eher Standard. Team Deathmatch, eine Kill-Confirmed-Variante, CTF, Domination, Warpath, was quasi King of the Hill ist, nur mit einem wandernden Kontrollpunkt, und das aus Quake bekannte Freezetag, in dem gefallene Gegner eingefroren werden. Es ist durchaus unterhaltsam - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Eine eigene Hölle entwerfen
Zu guter Letzt ist noch ein Leveleditor dabei, der sich SnapMap nennt. Auf einem Gitternetz steckt man verschiedenste Levelbausteine zusammen, besiedelt diese mit Gegnern und Waffen und wer will, kann sogar die Regeln verändern. Soll es eine reine Singleplayer-Map sein, bei der man den Ausgang findet muss? Macht ruhig. Soll man dabei nur den Raketenwerfer haben? Lässt sich einstellen. Und soll dieser Raketenwerfer dreimal soviel Schaden machen wie normal? Wenn's sein muss. Ihr könnt aber auch eigene Multiplayerarenen basteln. Die Möglichkeiten sind groß, die Grenzen liegen in eurer Kreativität. Es kann auch was total Abstruses sein, wie eine Map nur mit Musikinstrumenten, komplett mit Basemachine. Da wird es nie langweilig.

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So schön war die Hölle nie
Ich liebe den Look des Spiels. Klar, die Grafik ist ziemlich gut, aber was vor allem hängen bleibt, ist das Design. Die Marsstation sieht ziemlich Sci-Fi aus und man kann sich vorstellen, wie schick das Ganze wäre, wenn nicht überall die Dämonen ihre Spuren in Form von zerstörter Einrichtung bis hin zu verstümmelten Leichen und jeder Menge Blut hinterlassen hätten. Die Höllendimension hat mir aber am besten gefallen, denn sie könnte glatt vom Cover eines Heavy-Metal-Albums stammen. Überall Knochen, Runen und mittelalterlich-okkult anmutende Strukturen. Schaurig schön anzusehen. Die Dämonen verlassen in den Grundzügen nicht ihre 2D-Sprite-Wurzeln, wirken aber nicht veraltet. Moderne Neuinterpretationen klassischer Gegner. Dazu passend der rockige Soundtrack, der besonders in den Kämpfen soviel Schwung mit sich bringt, dass man fröhlich weiterschießen will.

Doom weiß genau, was es ist, und das ist gut so. Während Doom 3 damals noch versucht hat einen auf Horrorspiel zu machen, so hat man dieses Genre komplett verlassen und bietet ein blutiges, brutales Ballerfest wie einst die Vorgänger aus den Neunzigern. Und ich liebe es. Ist es grotesk? Ja. Ist es gewaltätig? Total. Macht es Spaß? Verdammt, ja! Die größte Stärke des Spiels ist, dass es die Thematik nicht ernst nimmt und dem Spieler zu keinem Zeitpunkt Realismus liefern möchte. Und vielleicht ist es genau das, was wir zurzeit brauchen, was das Genre braucht. Wer mal wieder ordentlich drauf losballern möchte, der macht mit Doom nichts verkehrt.

DOOM wurde auf der Xbox One getestet. Ein Testmuster wurde uns von Bethesda zur Verfügung gestellt.

Doom (2016)

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

Kommentare

Ben
19. Mai 2016 um 12:18 Uhr (#1)
Mir gefällt vor allem auch die beinahe Metroid-eske Erkundung der verwinkelten Level, die überall geheime Räume und schwer erreichbare Areale mit Collectibles bereithalten.
blackmaniac
20. Mai 2016 um 23:49 Uhr (#2)
Was mir gerade erst so wirklich bewusst wurde: Im ganzen Spiel wird kein einziges mal geflucht. Weder Shit noch Fuck sind irgendwo zu hören oder zu lesen.
Gast
13. Dezember 2024 um 05:57 Uhr
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